| Veranstaltung: | LMV Bremen |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 2. Anträge |
| Antragsteller*in: | Maike Schaefer |
| Status: | Eingereicht (ungeprüft) |
| Angelegt: | 12.09.2016, 23:02 |
A25: Offshore-Hafen - olé oder adé?
Antragstext
Bei der Energiewende handelt es sich um ein für die Zukunft wichtiges
gesamtgesellschaftliches Projekt.
Wir Grüne wollen die Energiewende nicht nur im Strombereich, sondern auch im
Verkehrs- und Wärmebereich. Damit dies gelingt ist die Verknüpfung dieser
Bereiche (Sektoren-kopplung) unverzichtbar. In der Zukunft wird grüner Strom
immer mehr auch in den Bereichen Verkehr und Wärme eingesetzt werden, das Ziel
ist klar: 100 % Erneuerbare Energien! Wir Grünen sind überzeugt, dass der
dadurch steigende Strombedarf in Deutschland, die Energiewende und die
Erreichung der Klimaschutzziele nur mit der Offshore-Windenergie vor unseren
Küsten gedeckt werden. Bremen und Norddeutschland können bei der
Sektorenkopplung Taktgeber sein, denn wir haben die Technik für Windkraft und
Elektromobilität, die Innovationskraft unserer Hochschulen und das Potential des
Windes und der Speicherung.
Wir Grünen setzen uns daher auf Bundesebene für eine stärkere und beschleunigte
Energiewende in allen Bereichen ein. Insbesondere der Ausbau der Windenergie
(Offshore und Onshore) muss nach 2017 wieder angehoben werden. Wir wollen
spätestens nach der Bundestagswahl ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).
Für den Ausbau der Offshore-Windenergie vor den deutschen Küsten wird eine
leistungsfähige Hafen-Infrastruktur für die nächsten Jahrzehnte benötigt. Wir
Grünen als Partei, die Grüne Fraktion, die Bürgerschaft und der Senat haben früh
dieses Potential erkannt und mit entsprechenden Beschlüssen die Grundlage für
den Bau eines Offshore-Terminals für die Energiewende gelegt. Klar ist aber
auch: Beschlossen, geplant und genehmigt wurde ein Terminal für die Offshore-
Windindustrie und kein Schwerlasthafen.
Wir Grünen haben es uns vor ca. sechs Jahren nicht leicht gemacht mit der
Entscheidung für den Bau eines Offshore-Terminals (OTB) in Bremerhaven: Denn es
galt abzuwägen zwischen der Verschiffung von Offshore-Windkraftanlagen und damit
einem Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Erhalt einer
ökologisch wertvollen und sensiblen Wattfläche in der Weser, die für viele
Vogelarten einen wichtigen Lebensraum bietet.
Die Entscheidung damals fiel im Sinne der Energiewende für den OTB aus, denn
damals boomte die Windkraftbranche gerade auch in Bremerhaven. Neben dem Signal
für die Offshore-Branche war es auch eine wichtige Infrastrukturprojekt-
Entscheidung für die Seestadt - verknüpft mit der Erwartung, dass dadurch neue
Arbeitsplätze entstehen.
Seit dieser Entscheidung haben sich aber die Rahmenbedingungen geändert. Der
BUND klagt gegen die Planfeststellung, mit einem Urteil wird erst in den
nächsten Jahren gerechnet. Darüber hinaus haben sich die Rahmenbedingungen für
den Offshore-Bereich negativ entwickelt.
- Für einen zukunftsträchtigen Offshore-Standort mit Basishafen wären weitere
Unternehmensansiedlungen von Vorteil, diese fehlen aber bisher. Die Pleite der
WeserWind GmbH wie auch die Entscheidung von Siemens im letzten Sommer, sich mit
der Offshore-Sparte in Cuxhaven statt Bremerhaven anzusiedeln, sind nur zwei
Bausteine in diesem Puzzle.
- Der Bericht der Planco Consulting GmbH geht davon aus, dass es für die Zukunft
des OTB als Offshore-Standort entscheidend ist, dass die Senvion GmbH und die
Adwen GmbH (als Zusammenschluss der Areva GmbH und der Gamesa AG) in Bremerhaven
bleiben und ihre Marktposition deutlich verbessern. Die Erfüllung dieser
Bedingung ist angesichts der Entwicklungen in der Offshore-Branche und bei den
genannten Firmen aber fraglich. Die beiden in der Seestadt ansässigen
Turbinenhersteller müssten für die Wirtschaftlichkeit des OTB ihren deutschen
Marktanteil von derzeit zusammen 26 Prozent erheblich ausbauen, während Siemens
gleichzeitig seine mit 67 Prozent Marktanteil starke Stellung verlieren müsste.
Der Annahme liegt zugrunde, dass die in Bremerhaven ansässigen Unternehmen durch
die neue Generation leistungsstärkerer Windkraft-Turbinen wesentlich mehr
Marktanteile erobern können. Jedoch: Auch Siemens arbeitet bereits an
Weiterentwicklungen in diesem Marktsegment. Für einen rentablen Betrieb des OTB
ist ferner die Verschiffung von 160 Anlagen pro Jahr als notwendig erachtet
worden. Durch die größeren Turbinen müssen ab 2020 unter derzeit festgelegten
Bedingungen nur noch zwei Windparks mit je 400 MW pro Jahr errichtet werden –
das entspricht allenfalls 50 leistungsstärkeren Anlagen.
- Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) wurde vor kurzem im Bundestag
novelliert. Die Windenergie wird stark ausgebremst. Die Deckelung der
Ausbauziele in den letzten EEG-Novellen (bis 2020 6,5 GW statt 10 GW (-35%), bis
2025 11 GW und bis 2030 15 statt 25 GW (-40%)) sind für die Offshore-Branche
prekär und führen zu einem enormen Innovations-, Konkurrenz,- und
Kostensenkungsdruck. Zudem sollen bis zum Jahr 2021 neue Windkraftanlagen nur in
der Ostsee errichtet werden. Außerdem sollen neue Windparks in Zukunft vom Bund
ausgeschrieben werden. Mit der EEG-Novelle sind entsprechend die Bedingungen für
den OTB nochmals erschwert worden.
- Die Finanzierung des OTB sollte durch Gewinnzuschüsse der BLG und der Bremer
Landesbank in Höhe von 50 Millionen teilgedeckt werden. Erstere hat bisher nicht
genug Gewinne erwirtschaftet und letztere wird noch bis Jahresende an die Nord
LB verkauft.
1. Der OTB ist als Hafen für die Offshore-Industrie beschlossen, geplant und
genehmigt worden. Wir Grünen wollen einen Offshore-Terminal für die Energiewende
und lehnen einen Schwerlasthafen in einem sensiblen Naturgebiet entschieden ab.
2. Die Wirtschaftlichkeit des OTB für die Energiewende wurde in vielen Gutachten
und auch im Rahmen der Planfeststellung untersucht und positiv gesehen. Die
Wirtschaftlichkeitsberechnung, die die Grundlage der jetzigen Planfeststellung
ist, hat die negativen Entwicklungen bei den Rahmenbedingungen bisher nicht
berücksichtigt. Voraussetzung für einen Bau des OTB ist zum einem, dass das
Gericht die Klage des BUND negativ bescheidet, und zum anderen, dass der OTB
wirtschaftlich betrieben werden kann. Dies könnte der Fall sein, wenn
Bremerhaven eine der Ausschreibungen für Offshore-Windparks vom Bund gewinnen
sollte oder mit einer neuen Bundesregierung nach der Wahl 2017 das EEG zugunsten
der Offshore-Branche novelliert werden sollte. Andernfalls erscheint unter den
jetzigen Rahmenbedingungen die Wirtschaftlichkeit des OTB fraglich und wird von
Kritikern und Experten bezweifelt.
Wir Grünen stehen für einen ehrlichen Umgang mit der Wirtschaftlichkeit des OTB.
Wir wollen eine neue fundierte Wirtschaftlichkeitsberechnung, wenn der laufende
Rechtsstreit abgeschlossen ist und vollziehbares Bau-Recht für den OTB
vorliegt.Falls der OTB dann nicht wirtschaftlich darstellbar ist, sehen wir in
einem Haushaltsnotlageland keine Option, den Bau des OTB noch weiter zu
verfolgen. Wir wollen kein OTB-Millionengrab. Die Entscheidung für einen
möglichen Bau des OTB oder aber einen Ausstieg aus dem Projekt muss auf validen
nachvollziehbaren Datengrundlagen gefällt werden.
3. Mit dem Bau des OTB sollen in Bremerhaven neue Arbeitsplätze entstehen.
Sollte der OTB nicht realisiert werden können, muss es für Bremerhaven andere
Alternativen geben, um attraktive Arbeitsplätze zu schaffen - sei es in der
Tourismusbranche, sei es in der Wissenschafts- und Forschungslandschaft, der
Lebensmittelindustrie etc..
Unterstützer*innen
- Matthias Güldner
- Kirsten Kappert-Gonther
- Søren Brandt
- Jasper Meya
- Harald Klussmeier
- Joachim Musch
- Hannes Behrens
- Michael "Pelle" Pelster
- Marieluise Beck
- Dieter Steinfeld
- Tilmann Neubronner
- Carsten Werner
- Jürgen Meinke